Der nachfolgende soll meine Erfahrungen über das Nikkor-P 10.5cm und 105mm an der Sony Nex und der Canon EOS 5D zeigen. Dabei sind nicht die technischen Daten und die Perfektion des Objektives im Vordergrund, sondern die „Fehler“, welches ein Objektiv gegenüber heutigen bereits in der Kamera korrigierten individualisiert und ihm Charakter gibt.
Verschiedene Konstruktionen des 105er:
Als Nikon das F-System 1959 einführte, war das Nikkor-P Auto 10.5cm f/2.5 mit unter den ersten fünf Objektivtypen. Das optische Design (Sonnar) des 105ers bestand seit 1954 für die S-MessSucherkameras. Diese konnten allerdings nicht einfach auf das neue F-System übernommen werden, der Spiegel noch zwischen Filmebene und hinterster Linse platz haben. Einzig das Nikkor 13.5cm konnte ohne Änderung am optischen System übernommen werden. Durch leiche Modifikationen an der Dicke der letzten Linse des 10.5ers konnte es für das F-Bajonett adaptiert werden.
Die ersten 10.5er waren handjustiert und mit Markierungen an Blende und Entfernung versehen (Tick-Marks). Diese Objektive haben eine Blende mit 9 Lamellen, danach in der Produktion waren es 6. Die TickMark Objektive sind leider interessant für Sammler und somit extrem teuer. Zum Glück gab es eine Übergangsfrist, wo Objektive mit 9 Blendenlamellen ohne die Markierungen produziert wurden.
Das 105er ist vermutlich so populär, weil es für Portraits (Kopf-Schulter) geeignet ist, den Hintergrund gegenüber dem 50mm bereits strafft, das Objekt selbst bei Blende 2.5 gut freistellen kann und trotzdem leicht und klein ist. Auch ein Grund ist sicherlich darin zu finden, dass es zwischen dem 85er und 135er liegt und somit auch diese zwei Objektive in der Fototasche ersetzt. Dies gilt allerdings an Vollformat, ich zumindest habe am 1.5er Crop meist das 50er und 85er dabei, ist das 105mm doch für vieles an der Nex bereits zu nahe.
1972 überarbeitete Nikon das optische Design und brachte es in einer Gauss/Planar-Rechnung (5 Linsen in 4 Gruppen)heraus. Vermutlich wurde dies gewählt, weil sich das 105er als Portrait-Objektiv etablierte. Ein Sonnar ist eher auf Unendlich optimiert, wohingegen die neueren Gauss-Designs auf Portraitdistanz (ca 3-5m) optimiert sind. Die ersten Typen waren noch mit P gekennzeichnet, sollten aber bald die Mehrfachvergütung erhalten und den Zusatz P.C. erhalten. Die Gauss-Typen des 105ers haben 7 Blendenlamellen. Die optische Konstruktion (Planar/Gauss) wurde bis 2005 unverändert verwendet. Objektive mit der NIC-Mehrfachvergütung haben eine grünliche Frontlinse.
BEDIENUNG
Wie bei den manuellen Nikkoren üblich, fühlt sich das Objektiv massiv und robust an und alt wie neuer liegen gut in der Hand. Um von nah auf fern zu fokussieren braucht es beim 10.5cm eine halbe und beim 105er etwa eine drittel Umdrehung. Bei allen 105ern ist die manuelle Fokussierung an der Sony Nex-6 einfach. Der Fokusring läuft weich und ohne ruckeln. Selbst nachführen beim Basketball geht:
Das 105mm AI-S hat Sonnenblende eingebaut, auf dem 10.5cm ist eine Gummiblende eingeschraubt anstelle der originalen Metallblende.
BOKEH UND OFFENBLENDE
Das Objektiv bleibt selbst beim Fotografieren mit Offenblende gegen die Sonne erstaunlich kontrastreich, hat wenig Farbsäume und eine sehr gute Schärfe, und dies ohne Mehrfachvergütung. Das noch „ältere“ Objektiv hat dabei ein wenig mehr an Kontrast (vermutlich Seriestreuung).
Hier beim 6-lamelligen sind die „Unschärfekreise“ ab Blende 2.8 als Sechsecke zu erkennen. Hier ein Beispiel bei Blende 11:
Beim 9-lamelligen sind die Unschärfekreise auch als solche zu erkennen, wobei das über 50-jährige Objektiv leider keine ganz kreisrunde Öffnung mehr hat. Ein Beispiel mit Blende 16:
Hier nochmals ein Beispiel in einer Kirche, welche zeigt, was bei sechslamelligen Objektiven mit Lichtern (Kirchenfenster) in der Unschärfe passiert. Unsere Wahrnehmung ist Kreise in der Natur gewöhnt, als Beispiel seien Wassertropfen auf der Fensterscheibe im Gegenlicht genannt, nicht jedoch streng geometrische Figuren wie Sechsecke.
SCHÄRFE, KONTRAST UND BLENDENSTERNE
Die 10.5cm von 1959/60 sind erstaunlich scharf und kontrastreich bei Offenblende, dies habe ich so eigentlich nicht erwartet und bin positiv überrascht. Ein Abblenden bringt vor allem in den Ecken ein plus an Schärfe, wobei diese bei der Sony Nex nicht sichtbar sind. Ein Abblenden auf 4 steigert die Auflösung nochmals etwas. Hier ein Beispiel bei Offenblende:
FLARES & GHOSTS
Alle drei 105er sind recht resistent gegen Flares, Geisterbilder und Streiflicht, kein Vergleich zu dem 13.5cm oder Nikkor-H 1.8/85mm. Im Netz finden sich Testberichte, welche dem 10.5cm ein Hang zu Flares nachsagen. Obwohl ich gegen die Sonne oder mit Strassenleuchten am Rand des Bildfeldes fotografierte, ich habe noch selten ein Objektiv von 1959 gesehen welches so resistent gegen Flares und Kontrastverlust ist.
FAZIT
Mit keinem der drei 105er macht man etwas falsch. Alle Objektive sind scharf schon bei Offenblende. Sie sind dabei brilliant und kontrastreich und haben trotzdem einen weich gezeichneten Hintergrund. Selbst modernere Objektive können dies nicht besser. Das 105 Ai-S hat als weiteren Pluspunkt, die Sonnenblende fest eingebaut. Erstaunlicherweise hat das 20 Jahre jüngere Objektiv keinen weiteren Vorteil gegenüber den Alten, zumindest an der Nex-6 und an der Canon EOS 5D.
TECHNISCHE DATEN DER VERWENDETEN OBJEKTIVE:
Nikkor-P Auto 10.5cm f/2.5
Baujahr ca 1959
Konstruktion: 5 Elemente in 3 Gruppen (Sonnar-Typ)
Blendenlamellen: 9 (später 6)
Bildwinkel Vollformat / APSC: 23.3° / 15.6°
Blendenbereich: f/2.5 bis f/22
Distanzskala: 1.2m (4 ft.) bis unendlich
Gewicht: 370g
Maximale Vergrösserung: 1:9.6
Abmessungen: D 66mm, L 78mm, Filter 52mm
Sonnenblende HS-4
Nikkor-P Auto 10.5cm f/2.5
Baujahr ca 1960
Konstruktion: 5 Elemente in 3 Gruppen (Sonnar-Typ)
Blendenlamellen: 6 Bildwinkel Vollformat / APSC: 23.3° / 15.6°
Blendenbereich: f/2.5 bis f/22
Distanzskala: 1.2m (4 ft.) bis unendlich
Gewicht: 370g Maximale Vergrösserung: 1:9.6 Abmessungen: D 66mm, L 78mm, Filter 52mm Sonnenblende HS-4
Nikkor 105mm f/2.5 Ai-S
Baujahr ca 1981
Konstruktion: 5 Elemente in 4 Gruppen
Blendenlamellen: 7
Bildwinkel Vollformat / APSC: 23.3° / 15.6°
Blendenbereich: f/2.5 bis f/22
Distanzskala: 1m (3 ft.) bis unendlich
Gewicht: 440g
Maximale Vergrösserung: 1:7.7
Abmessungen: D 64mm, L 69mm, Filter 52mm
Sonnenblende eingebaut
Comments