Vierzehn Monate, soweit im Voraus habe ich wohl noch nie eine Reise gebucht. Diesmal geht es nicht in den Norden wie die beiden letzten Jahre, sondern in die Nähe des Äquators nach Namibia.
Kaum ist die Fotoreise zu Namibias Süden auf der Homepage des Anbieters World Geographic aufgeschalten, ist sie schon ausgebucht und kurz darauf auch diejenige der beiden Folgejahre.
Der Veranstalter verspricht eine Workshop-Fotoreise mit Michael und Marion Leidel als Reiseleitung mit maximal acht Teilnehmern, wobei immer zwei Teilnehmer sich einen 4x4-Pickup teilen. Die Reisezeit Anfang April ist am Ende der Regenzeit und die Wasserlöcher sollten voll und die Vegetation grün sein.
2 Wochen vor Abreise
Auf der hiesigen Bank hat es keinen Namibia Dollar (NAD), aber der Südafrikanische Rand (ZAR) soll gleichberechtigt sein und ich nehme 2000 ZAR, was 110 Franken entspricht. Diese werden nachher im Land auch ohne Probleme angenommen.
Nach diversen Umfragen bei Reiseleitung, Tropeninstitut und Leuten die dort waren entscheide ich mich, auf die Malariaprophylaxe zu verzichten. Das schweizerische Tropeninstitut empfiehlt die Prohylaxe allenfalls bei Reisen in den Ethoscha Nationalpark.
1 Tag vor der Reise
Ethiopian Airlines lässt für das Handgepäck 7 Kilo und 23 x 40 x 55cm als Packmass zu. Wenn ich denke, was ich am Liebsten an Objektiven, Laptop und Powerbank mitnehmen würde, dann komme ich locker auf das Doppelte.
Das Handgepäck hat schlussendlich nicht ganz 11kg. Für das Aufgabegepäck habe ich zweimal 23kg zu Verfügung, ich komme auf 9 und 15kg.
Im Rucksack des Handgepäckes (Gitzo Adventury 45L) sind die Canon Eos R5 und Eos R7 sowie RF 15-35/2.8, RF 70-200/2.8 und das Canon EF 400 Do mk II und 4 zusätzliche Akkus dabei. Am Gürtel habe ich die Sony RX100 Va für Schnappschüsse.
Einiges wie Dreibein-Stativ, Filter, Sigma EF 14mm f/1.8 Art, Canon RF 24-105mm f/4 L IS sowie die beiden Telekonverter sind in den Duffelbags. Ich mag es nicht, wenn die Objektive im Aufgabegepäck sind, aber es geht für einmal nicht anders.
Tag 1+2, Reisetag Montag 15.4.24
Der ICE von Basel Badischer Bahnhof bis Frankfurt Flughafen braucht keine 3 Stunden. Entgegen dem Ruf der DB geht es mit dem ICE 106 pünktlich von Basel nach Frankfurt.
Andere Gruppenmitglieder hatten weniger Glück mit gecancelten Zügen und Verspätungen. Da alle genug Zeit einrechneten haben und sogar teilweise am Vortag nach Frankfurt reisten, hat es doch allen geklappt pünktlich vor Ort zu sein.
Um 19 Uhr trifft sich die Reisegruppe in der Halle vor dem Schalter der Ethiopian Airlines. Ab Frankfurt sind wir sechs Teilnehmer plus die Reiseleiter Michael und seine Frau Marion. In Windhoek stossen noch zwei weitere hinzu, welche den Direktflug mit Lufthansa (Discovery) gebucht haben.
Der Abflug in Frankfurt ist um 22:05 und die Ankunft in Addis Abeba ist am Dienstag 06:05. Der A350-900 dürfte breitere Sitze haben, die Beinlänge hingegen ist angenehm.
In Addis Abeba geht es im Transferbereich nochmals durch die Sicherheitskontrolle, allerdings ist es hier einiges chaotischer wie in Frankfurt. Die Umsteigerei in Addis ist langweilig und die Preise für Mineralwasser haben schweizer Niveau.
Von Addis Abeba geht es kurz nach acht Uhr in einer Boeing 787-8 Dreamliner weiter nach Windhoek. Für die Einreise nach Namibia muss ein Blatt mit Angaben zur Person, zum Grund der Reise und wo man wohnen wird, ausgefüllt werden.
Für mich kommt es Folter nahe, zweimal sechs Stunden im vollbesetzten Flieger und Schlafen geht nicht, dafür bin ich entweder zu gross oder zu alt oder beides. In der Boeing kann der Sitz wenigsten etwas geneigt werden und diese sechs Stunden sind angenehmer.
Kurz nach 13 Uhr landen wir und nach der Gepäckausgabe und dem Zoll geht es mittels Kleinbus zur Autovermietung. Mit dem gemieteten Toyota Hilux 4x4 geht es danach zum Guesthouse Sonneneck am Rande von Windhoek. Man muss sich erst an den Linksverkehr und dann noch an die doch südländische Fahrweise der Einheimischen gewöhnen.
Um 18:45 ist Treffpunkt für das Abendessen, vorher kann man duschen und sich kurz hinlegen. Danach geht es zu Joe‘s Bierhouse, wo ein Kuduu-Entrecôte auf dem Grill wartet.
Tag 3
Unterwegs zur Mt Etjo Safari Lodge gehts noch in einen Spar Supermarkt um Knabber-Essen und Wasser für 7 Tage zu holen. Mindestens die Hälfte der Waren sind bekannt aus den Märkten in Deutschland.
Die Strasse aus der Hauptstadt hinaus ist gut ausgebaut und schon bald prägen beeindruckende Termitenbauten links und rechts der Strasse die Landschaft.
Irgendwann ist fertig mit Teerstrasse und wir biegen auf eine Schotterstrasse in Richtung Okonjati Wildreservat ab und passieren zwei Kontrollpunkte.
Die Mount Etjo Safari Lodge liegt im Herzen des privaten Okonjati Wildreservats im Norden Namibias. Der 300 km2 grosse Park setzt sich unter anderem für den Schutz der Flusspferde ein und bietet auch hunderten verschiedenen Vogelarten, über 20 Antilopenarten, Elefanten, Löwen, Leoparden, Geparden, Nashörnern und vielen anderen seltenen Tieren ein Zuhause.
Nachdem wir bei der Mt Etjo Safari Lodge die Zimmer bezogen und etwas zu Mittag gegessen haben, geht es um 16:00 auf den ersten Game Drive (Safari). Wir lassen unsere Fahrzeuge stehen und alle 10 Teilnehmer sitzen in demselben Fahrzeug mit einem separaten Fahrer.
Die Tiersichtung fängt gleich hinter der Lodge an, so sind ein paar Springböcke gleich hinter dem Tor am Spielen und es folgen ein Börstenhörnchen sowie eine Riesentrappe als erste fotografische Opfer.
Eine männliche Riesentrappe kann 1.3 Meter gross werden, diese hier ist erst knapp halb so gross.
Kurz darauf fahren wir an einem Breitmaulnashorn vorbei, welches zum Glück weniger Interesse an Touristen wie an einem Verdauungsschlaf hat.
Es wird bald formatfüllender, kommen doch schon bald Giraffen und Elefanten um das Eck. Es ist erstaunlich, wie unauffällig sich die Elefanten in die Umgebung einpassen.
Als ich mich umdrehte und in die andere Richtung blickte, sah ich im Abendlicht gerade noch eine Landschaft mit einer Herde Elefanten und einer Giraffe davor.
Unser Fahrer hat über Funk einen Tipp erhalten und hat es plötzlich eilig, so eilig, dass die scheuen Zebras am Rand nur mit viel Glück auszumachen und fotografieren sind.
Schon bald ist der Grund für die Hektik des Fahrers klar. Bei den den letzten Sonnenstrahlen zeigt sich noch ein Rudel Löwen. Naja, eigentlich zeigt sich eine der Katzen, der Rest liegt faul auf dem Rücken und es sind nur die Bäuche und Rücken zu sehen.
Nach diesem ersten Höhepunkt beim ersten Game Drive gibt es einen Halt an einem Wasserloch und dazu einen Apéro. Nach der Rückkehr in die Lodge ist bereits das Abendessen mit Oryx und Kudu vom Grill angesagt.
Tag 4
Gleich um sieben in der früh fängt das grosse Kino an. Der Anfang ist noch unspektakulär mit ein paar Weissrücken-Geiern, welche in der aufgehenden Sonne sitzen .
Am Wasser angekommen liegen die Flusspferde noch am gegenüberliegenden Ufer und bewegen sich mit der Zeit ins Wasser. Es hat auch zwei kleine dabei. Ein Highlight die Tiere ausserhalb des Wassers in der Morgensonne zu sehen.
Und die Krönung dieses Game Drives ist ein prächtiges Löwenmännchen in der Morgensonne.
Es scheint seine Mähne frisch gewaschen und geföhnt zu haben. Danach geht die Sonne rasch hoch und das gute Licht zum Fotografieren verabschiedet sich.
Am Platz zur Pinkelpause taucht ein Breitmaul-Nashorn (white rhino) auf und braucht die Strasse für sich. Da bleibt kein Platz für uns und wir warten, bis es sich in die Büsche geschlagen hat.
Am Wasserloch in 300 Meter Entfernung sind noch zwei Warzenschweine.
Nach etwas über vier Stunden und einem Reifenwechsel sind wir wieder bei der Lodge und es ist kurz vor dem Mittagessen. Kurz vor der Lodge sind noch ein paar Impalas und beobachten uns argwöhnisch.
Der Gamedrive um 16 Uhr geht in einen anderen, weniger öffentlichen Teil der Mt Etjo Safari Lodge. Man merkt rasch, das hier viel weniger Autos durchfahren und die Wege sehr abenteuerlich sind.
Und plötzlich steht ein bronzefarbenes Tier am Rande des Gebüsches. Es ist eine Mischung aus Kuhkopf mit dem Körper und dem Schwanz eines Pferdes und den Beinen einer Gazelle. Die Recherche am Abend im Internet benennt es als Golden Wildbeest. Einst galt das Golden Wildbeest, oder auch Golden Gnu genannt, als mythisches Wesen. Die Gnus gehören zur Gattung der Antilopen, rennen bis 80 Stundenkilometer schnell und kommen in grossen Herden vor, wobei das Golden Wildbeest eine Variation des Blue Wildbeest - zu deutsch Streifengnu - sein soll und auch bei der grossen Wanderung der Gnus dabei ist.
Im Okonjati Wildlife Sanctuary sind das Blue und Black Wildbeest (Gnus) gemäss deren Homepage zahlreich anzutreffen, das Golden Wildbeest wird dort nicht aufgelistet.
Die nächsten Antilopen die sich zeigen, sind die Pferdeantilopen. Sie wirken sehr selbstbewusst und leben üblicherweise in Rudeln von sechs bis 30 Tieren. Im Gegenlicht sieht es aus wie wenn den Pferdeantilopen die Ohren lang gezogen wurden.
Der Letschwe ist auch eine Antilopenart und wird gerade mal halb so schwer wie die Pferdeantilope.
Und schon wieder erscheint eine andere Art von Antilope aus dem Gebüsch.
Es ist eine Rappenantilope und mit bis zu 300 Kilogramm eine der grössten Arten. Ihre Hörner können bis 1.2 Meter lang werden und sind selbst für Löwen gefährlich.
Auch wenn teilweise die Bilder keine „Rennpferde“ (Zitat Michael) sind weil die Sonne harsch oder das Tier zu weit weg ist, ist es doch ein schönes Erlebnis sie frei in der Herde zu sehen.
Der Guide mahnt uns nach einem „black rhino“ (Spitzmaulnashorn) Ausschau zu halten, es sei nicht sehr friedlich. Und prompt an einer Stelle riecht es nach Nashorn und es liegen frische Kothaufen rum. Ein Moment wo es im Wagen doch für einmal sehr ruhig wird.
Und kurz nach dem Apéro und vor dem Umkehren und zurück fahren muss wieder ein defekter Reifen gewechselt werden, zum Glück auf sehr übersichtlichem Terrain und ohne Nashorn in Sicht. Zurück bei der Lodge reicht die verbleibende Zeit vor dem Nachtessen gerade noch zum Duschen und die staubigen Kleider zu wechseln.
Leider hat es in den beiden Wochen die wir hier sind immer den recht vollen Mond am Himmel und Sternenfotografie ist nicht so wie gewünscht möglich.
Den restlichen Teil der Reise wird der Mond auch noch vor dem Zentrum der Milchstrasse sein und so bleiben die heutigen Sternenbilder die einzigen dieser Reise.
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